Konstantin Wecker über Arno Gruen und gewalttätige Erziehung

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Der Sänger Konstantin Wecker und die ehemalige Bischöfin Margot Käßmann sind Herausgeber des Buches “Entrüstet euch! Warum Pazifismus für uns das Gebot der Stunde bleibt. Texte zum Frieden”, erschienen 2015. In einem darin veröffentlichten Interview sagt Wecker:

Ich habe das Glück, befreundet zu sein mit dem, wie ich finde, größten derzeitigen Psychoanalytiker — mit dem 91-jährigen wunderbaren Arno Gruen. Er hat immer wieder in Gesprächen und in seinen Büchern betont, dass gewalttätige Erziehung nicht unbedingt mit körperlicher Gewalt zu tun haben muss. Es gibt auch eine ganz andere Art von Gewalt. In seinem Buch “Verlust des Mitgefühls” beschreibt er das sehr schön. Es ist nicht gut, sein Kind durch Leistungsanforderungen anzutreiben. Da stehen unausgesprochene Sätze im Raum: Ich liebe dich, wenn du ein gutes Abitur machst, ich liebe dich, wenn du Chef der Deutschen Bank wirst, oder wie auch immer. Das ist auch eine Art der Gewalt. Es gibt noch ein Buch von Arno Gruen: “Wider den Gehorsam”. Das ist sein jüngstes, ein wunderbares Büchlein. Dass Kinder einen Widerstand gegen Gehorsam haben, das erfordert ja auch von Eltern eine gewisse Größe. Antiautoritär heißt für mich in erster Linie, dass ein Kind gegen die Autorität des Vaters und der Mutter etwas haben kann. Es bedeutet nicht laissez faire (einfach alles machen lassen), sondern erst mal, Autoritäten in Frage stellen zu dürfen. Trotzdem gibt und gab es Gewalt in der Erziehung, auch wenn sich diese nicht immer körperlich äußert. […]
Zweifellos ist das [die Leistungsgesellschaft] eine gewalttätige Gesellschaft und man merkt, dass sie Kriege braucht, um sich am Leben halten zu können.

Wir danken Konstantin Wecker für seine Worte und seinen Hinweis auf Arno Gruen. Arno Gruen verstarb im Oktober des vergangenen Jahres im Alter von 92 Jahren. Noch im März 2015 nahm er mit Konstantin Wecker und Eugen Drewermann an einer abendlichen Gesprächsrunde in der Johanneskirche in Luzern teil. Sie lässt sich auf Youtube nachhören.

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Quellen/Verweise: